Opa Klaus - Über seine Kindheit im Krieg
Opa Klaus hat einen Teil seiner Kindheit im Krieg erlebt. Für viele Menschen unserer Generation ist der zweite Weltkrieg etwas Abstraktes. Auch heute, 75 Jahre nach Kriegsende, ist der Krieg noch schrecklich, grausam und unvorstellbar – aber weit, weit weg. Wir haben darüber gelesen und gelernt, doch wie war es, als Kind im Krieg zu leben? Opa Klaus beantwortet Fragen zu seiner Kindheit im Krieg und zu seinem Leben danach.
Mehr Infos zur Entstehung und Durchführung dieses Projekts findet ihr unter Über Uns. Wenn ihr Ideen, Anregungen oder Fragen habt, dann kontaktiert uns oder hinterlasst einen Kommentar unter diesem Beitrag.

Opa Klaus auf einen Blick
Name: Klaus R.
Geburtsjahr: 1938
Anzahl der Enkel: 4
„Leider ist ein erheblicher Teil meiner Kindheit im zweiten Weltkrieg vergangen, an den ich noch vereinzelt Erinnerungen habe. 1943 wurde das Leben in Hannover täglich von den Bombenangriffen der Alliierten geprägt. An diese Bombennächte kann ich mich sehr gut erinnern.Meine Eltern weckten mich immer schnell und wir gingen dann so schnell wie möglich in den Bunker. Mit gehen meine ich rennen. Denn es kam immer darauf an, möglichst schnell den Bunker zu erreichen und der war ca. 1 km von unserem Haus entfernt.”

Hannover lag in Trümmern
“Die Bombenwarnungen kamen immer möglichst früh. Schon wenn die alliierten Truppen über Holland angeflogen kamen, bekamen wir oft die erste Warnung. Ich erinnere mich an verschiedene Situationen, in denen ich mit einem kleinen Holzstühlchen 1943, als ich 5 Jahre alt war, in den Bunker lief. Wenn wir dann im Bunker saßen und die Türen verschlossen waren, erinnere ich mich an Bomben, die in einigen hundert Metern Entfernung, herunterfielen. Die im Bunker aufgehängten Mäntel an den Wänden schwankten. Wir hatten schreckliche Angst.
Auf den Wegen sah man nachts manchmal die sogenannten Christbäume. So wurden damals die brennenden Aluminiumstreifen genannt, die von den angreifenden Flugzeugen abgeworfen wurden. Sie wurden genutzt, um die Landschaft unter Ihnen, also die Landschaft in der wir gefangen waren, zu erleuchten. So waren Ziele für die Bombenangriffe besser auszumachen. Wenn man die Christbäume sah, dann drohte Gefahr, denn dann war man zu spät. In diesen Nächten kamen viele Menschen ums Leben, Hannover lag in Trümmern und Zahllose verloren ihr Zuhause“
Wie hast du als Kind das Ende des Krieges erlebt?
„Ich erinnere mich, dass wir Kinder 1945 am Kriegsende ganz in der Nähe unseres Hauses am östlichen Stadtrand Hannovers einem deutschen Panzer begegneten. Die Soldaten fragten uns nach der richtigen Richtung. Offenbar waren sie auf der Flucht vor den nachrückenden Alliierten. Aber wir Kinder hatten keine Angst, wir waren neugierig.”
“Nach dem Krieg wurde ein Vertriebener, Herr Birnbaum, in unserer Wohnung einquartiert.” Herr Birnbaum war einer von den 12 bis 14 Millionen Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die nach Ende des Krieges aus ihrer Heimat im Osten, wie Polen, der Tschechoslowakei und Jugoslawien vertrieben wurden oder fliehen mussten. Die Flucht und Vertreibung war die Folge der deutschen Kriegsverbrechen und der Gebietsverluste nach Ende des Krieges. Aufgrund des Wohnungsmangels wurden die Geflüchteten unter anderem Privathaushalten zugeteilt. “Ich musste mein Zimmer räumen und habe lange Zeit im Schlafzimmer meiner Eltern geschlafen. Herr Birnbaum war ein freundlicher Mann und hat sich sehr nach meiner Familie gerichtet. Meine Eltern hatten auch danach noch Kontakt zu ihm und haben ihn des Öfteren zum Essen eingeladen.”

Was hat sich in den Jahren darauf in deinem Leben verändert?
„In der Zeit nach Ende des Krieges beschränkte sich meine Verkehrsmöglichkeit auf ein Fahrrad. Ich musste mit diesem auch die Schule besuchen, also täglich zweimal 10 Kilometer fahren. Mein Traum war damals schon lange ein motorgetriebenes Fahrzeug, besonders ein aus der Vorkriegszeit stammendes Motorrad stand dabei im Mittelpunkt. Der Wunsch verschwand eines Tages – dafür bekam mein Vater einen neuen Anzug.”
“Nachdem ich mein Abitur gemacht hatte, bekam ich eine alte Vespa, an der ich sehr viel Freude hatte und die mich viele Jahre begleitet hat. Sie hatte leider einen Nachteil: man wurde nass. Nachdem ich ein bisschen Geld gespart hatte, erwarb ich daher einen Kabinenroller, was ein großer Vorteil war.So wurde es möglich die damalige Freundin, später Verlobte und heute Ehefrau, auch trockenen Fußes in das Opernhaus zu führen. Später erwarb ich dann mein erstes richtiges Fahrzeug, einen Renault R4, und so entwickelte sich das ganze fort und meine Beweglichkeit wurde immer größer.“
„Während meines Studiums im Maschinenbau gehörte ich einer halb offiziellen Saalgemeinschaft an. Entstanden war diese unmittelbar nach dem Krieg. Als der Maschinenbau, der sehr stark auf Hilfsmittel angewiesen war, diese Hilfsmittel nach dem Krieg nicht mehr zur Verfügung hatte. Eine Gruppe von befreundeten Studenten hatte daraufhin bei noch bestehenden Firmen um für das Studium benötigte Zeichenbretter gebettelt. Daraus ist eine Gemeinschaft entstanden, die in den Folgejahren in leerstehende Räumlichkeiten der Universität zog.“

“Diese Räumlichkeiten der Saalgemeinschaft bestanden aus Arbeitsräumen, in denen an den geschnorrten Zeichenbrettern gearbeitet wurde. Da Studenten natürlich vielfach auch nachts „arbeiten“, wurden bald auch Schlafplätze vorgesehen, bestehend aus Sofas, die sich großer Beliebtheit erfreuten. Der Bierlieferant der Saalgemeinschaft unterstützte die Studenten bei der nächtlichen Ausdauer. Da war man auf bewährte Mittel angewiesen (Er grinst).“
“Die Sofas kamen aus Zeitungsanzeigen und der privaten Umgebung. Leider kam es bei dieser nächtlichen „Arbeit“ (Er grinst wieder), unterstützt durch das Bier, zu kleinen Missgeschicken, bei denen die Sofas Feuer fingen und durch die Fenster auf den Hof des benachbarten Kasernengebäudes geworfen werden mussten. Nachdem die alten Sofas zum Teil so unsachgemäß abgehandelt wurden, ging es um Neubeschaffung. Hier war der Bierlieferant wieder hilfreich, der einmal im Jahr ein Kraftfahrzeug zur Verfügung stellte. Dann gingen ein paar von uns an Geschäftsleute heran, klingelten und baten um Sofas als Unterstützung der studentischen Aktivitäten, ohne diese weiter zu erläutern. Bei so einer Aktion wurden dann bis zu 15 Sofas gesammelt und unsere Aktivitäten konnten weiterhin ihren Lauf nehmen.“
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Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, dann schaue dir gerne auch Opa Rudis Geschichte über seine Auswanderung nach Amerika oder Oma Ingrids Erzählung über ihre Leidenschaft an.
Toller Beitrag 🙂
Ich freue mich auf neue Erzählungen!
Hallo Timo, Danke für deinen Kommentar. Wir freuen uns, dass dir der Beitrag gefällt! Dein Team von Jung & Alt
Vielen Dank! Klasse Beitrag!
Geht mir ans Herz und ich freue mich auf Fortsetzungen! ?
Es ist so wichtig, dass wir über die Vergangenheit erfahren und diese uns immer wieder vor Augen führen. Ganz herzlichen Dank für diesen interessanten Beitrag.
Das ist eine sehr schöne Idee, ich freue mich auf weitere interessante Beiträge von euch! ??
Habe sehr diesen Beitrag gelesen und beglückwünsche Euch für eure Idee und Tun. ??
Bärbel
Das ist ein sehr schönes Projekt, über eine schreckliche Zeit während des Krieges und eine entbehrungsreiche danach, die eine gewisse Faszination auf uns ausübt, weil einerseits alles „so anders“ war als heute, und für uns unvorstellbar, wir aber die Menschen noch kennen und lieben, die sie erlebt haben. Ich freue mich auf weitere Berichte! Danke! ?
Sehr wichtig für junge Generationen hier ein Beispiel zu sehen, wie man auch schwerste Ereignisse meistern kann. Sollte auch Allen Mut machen für die Zukunft.
Sehr schöne Geschichte und was ein starker Opa! Weiter so!
Liebe Rosemarie, vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Viele Grüße, dein Team von Jung & Alt
Pingback: Eine Liebesgeschichte der etwas anderen Sorte - Oma Klara & Opa Peter
Super Beitrag, my congrats from Australia!
Pingback: Von der Tanzschule zum Hochzeitstanz • Oma Ingrid & Opa Klaus Jung & Alt
Habe aus einem Bericht meines Vaters ein fiktives Interview gemacht: Er war als junger Mann an der russischen Front und wurde damals schwer verwundet, was ihm vermutlich das Leben rettete, denn er musste monatelang in ein Hospital zurueck nach Deutschland. In der Endphase des Krieges dann erneuter Fronteinsatz bei Aachen, dann zwei Jahre lang im Kriegsgefangenlager in Frankreich. Erst 1947 war er wieder zuhause, 2 Jahre spaeter wurde ich geboren. Mehr auf meinem WordPress Blog unter JDB zu finden … Via Google bin ich schnell zu finden:-)